von Friedrich Schiller
Vor über 200 Jahren, am 13. Januar 1782 wurde Friedrich Schillers erstes Drama „Die Räuber“ in Mannheim uraufgeführt und erntet bei seiner Erstaufführung begeisterte Beifallsstürme. Das Stück trifft am Vorabend der Französischen Revolution den Zeitgeist. Das Drama um die ungleichen Brüder Karl und Franz beginnt als Familienkonflikt, der sich zunehmend als gesellschaftlicher Konflikt entfaltet. Schiller hat so widersprüchliche Themen wie Recht und Gerechtigkeit, Freiheit und Pflicht, Würde und Schuld in ein spannendes Schauspiel verpackt. „Die Räuber“ wurden mit ihrer leidenschaftlichen Emotionalität, ihrer Sprachgewalt und der politischen „Aufbruch-Stimmung“ zu einem Schlüsselwerk des „Sturm und Drang“, Schiller über Nacht zur Berühmtheit.
Im Drama intrigiert Franz Moor gegen den von der Natur und vom Vater bevorzugten Bruder Karl. Dieser glaubt vom Vater verstossen zu sein und schliesst sich einer Räuberbande an, um gesellschaftliches Unrecht zu rächen. Beide Figuren scheitern: Franz, der zuletzt als gewissenloser Herrscher über das Moorsche Schloss von den Räubern bestürmt wird, sieht keinen Ausweg und richtet sich selbst. Karl, der zunehmend in Gewissenskonflikte aufgrund seiner Räubertaten und seines Rechtsempfindens gerät, liefert sich der Justiz aus.
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Warum diese Geschichte:
Nach der Komödie WAS IHR WOLLT von W. Shakespeare, widmen wir uns im Theaterkurs 2015 einem Drama, welches tief aus der jugendlichen Brust spricht. Das Lebensgefühl, welches Schiller schildert stimmt mit dem Alter der Darsteller und Darstellerinnen überein.
Jugendliche von heute, egal welcher Religion oder Herkunft, kennen das Lebensgefühl der jungen Rebellen im Stück: Die schmerzliche Ohnmacht, machtlos zu sein in der Welt der Erwachsenen, ihrem Elternhaus, den Lehrpersonen, den gesellschaftlichen Strukturen. Der Wunsch aus dem System auszubrechen, ein freies, selbstbestimmtes Leben zu führen, die Welt zu retten, die Reichen zu strafen, den Armen zu helfen, kennen sie. In Schillers „Räubern“ führen gute Absichten aus der Gesellschaft heraus in die Illegalität. In jugendlichem Feuer machen sie sich gemeinsam auf, Ideen werden Taten, das Schicksal nimmt seinen Lauf und lässt sich nicht zurückdrehen: Die Räuberbande wird zur Mörderbande. An ihren Händen klebt das Blut unschuldiger Menschen und macht sie alle zu gesuchten Terroristen. Die jugendlichen Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates, die Drahtzieher und Sympathisanten der ehemaligen RAF mögen ähnliche Motive haben.
Welche Alternativen hätten die Jugendlichen gehabt? Was hätte statt dessen geschehen können? Wie viel wertvolles Potential wird in Auseinandersetzungen und Kriegen, die aus ähnlichen Motiven entstehen, für immer vernichtet? In diesem Drama gibt es kein Happy End. Dennoch stehen am Ende alle Figuren im Licht und reflektieren in ihrer eigenen Art ihr Leben.
Von „DIE RÄUBER“ zu „RÄUBER“
Die Grundlage unserer Spielfassung ist das geniale Erstlingswerk Schillers. Handlung, Charaktere, Thematik und Stil sind unverändert. Es schien uns aber erlaubt und angemessen, die zeitliche Distanz zwischen der Herausgabe des Werkes und der Gegenwart durch die Bearbeitung zu schliessen und so die Aktualität wieder herzustellen, die das Publikum bei der Uraufführung aus den Stühlen hob.
Bei Schiller findet sich in den Räubern, dem Geist seiner Zeit entsprechend, in Amalie die einzige Frauenrolle. Kritik und Auflehnung gegen die Gesellschaft und ihre Institutionen sind für uns nicht mehr geschlechtsgebunden, auch Rauben und Morden sind keine Männerdomänen mehr. So traf sich das Bedürfnis nach inhaltlicher Aktualisierung mit der Notwendigkeit, für die weiblichen Teilnehmerinnen entsprechende Figuren bereit zu stellen. Das Stück bietet zahlreiche Angebote für Kampfszenen, die im Original in der Regel nur erzählt werden. Bei uns kommen sie auf die Bühne.
Andrea Pfaehler hat in Ihrer Textbearbeitung den Widerspruch zwischen Texttreue und Aktualität, Kürzung des Originals einerseits und freier Zudichtung andererseits nicht gescheut. In den Produktionen der letzten Jahre ist ihr dies bereits mehrfach gelungen.
Bei hohem Spieltempo, zahlreichen Tanz und Kampfszenen wird es auf der Bühne hoch her gehen. Der Stoff reizt weniger die Lachmuskulatur, sondern zielt eher unter die Haut. Unsere Empfehlung: kommen und selber sehen!